Die Geschichte eines Bildes
Zuletzt hing das Porträt von Martin Luther in der Scheune im Ersten Pfarrhaus. Eigentlich sollte es weggeschmissen werden. „Egal, ob einem das Bild gefällt oder nicht, der Luther darf nicht weg, der muss hier hängen bleiben,“ hieß es in einem Gespräch darüber in der Baugruppe. Zu Beginn der Sanierungsarbeiten im Ersten Pfarrhaus kam ein Trupp von Männern, die alles entrümpelt und abgerissen haben, wirklich alles. Auch als alles andere weg war, hing der Martin Luther noch da. Keiner der Männer hatte sich getraut, ihn anzufassen.
Manchmal ist es im Leben ja so, dass bestimmte Bilder hängen bleiben – oder im übertragenen Sinne – haften bleiben. Manchmal haften sie so stark, dass sie anderes überdecken. Der Martin Luther, der hing früher in der Kirche, oben an der Empore vor der Orgel. Alle, die in der Kirche gepredigt haben – früher war das ja noch oben von der Kanzel – haben immer diesen Martin Luther angeschaut, der hier wie ein strenger Vater und Lehrer daherkommt.
Ich glaube, es wird Zeit, dass wir uns von ihm verabschieden.
Gunnar Bösemann