Frau Christians-Albrecht, wenn man bei Google „Angst vor dem“ eingibt, bietet die Suchmaschine folgende Begriffe an: „Älter werden“, „Tod“ und „Alleinsein“. Warum setzt uns das Unausweichliche scheinbar derart zu?
Das hat damit zu tun, dass wir in unserer Gesellschaft das Alter als defizitär beschreiben und als nicht erstrebenswert empfinden: Gebrechlichkeit, Verlust der kognitiven Fähigkeiten, der körperlichen Fitness und der Selbständigkeit. Dabei entspricht dieses Altersbild ja längst nicht mehr der Realität. Wie man sich im Alter fühlt, hängt auch vom sozialen Umfeld, den finanziellen Möglichkeiten, und der Motivation ab.
Sie sind Seelsorgerin und bilden andere dazu aus. Wie wichtig ist es aus Ihrer Sicht, sich mit Sterben und Tod zu beschäftigen?
Zunächst einmal begegnen Tod und Sterben uns nicht mehr so natürlich und selbstverständlich wie früher. In Ostfriesland, wo ich herkomme, gab es sehr regelmäßig Aussegnungen, also Trauerfeiern zu Hause, am offenen Sarg. Auch Kinder und Jugendliche waren ganz selbstverständlich dabei. Heute wird der Tod dagegen vielerorts ausgelagert in die Krankenhäuser und Altenheime. Als Kirche sollten wir deshalb unbedingt so wertvolle Gedenktage wie den Totensonntag hochhalten: Weil er Menschen hilft, den Gedanken an das Ende nicht sofort wegzudrängen.
„Gesund und glücklich in der zweiten Lebenshälfte“ - solche Seminartitel nähren die Hoffnung, man könnte ohne Abstriche altern. Was halten Sie von diesem Versprechen?
Wissen Sie, früher in Großfamilien hat man das einfach mitbekommen: Opa ist noch mit dabei, er kann auch noch ganz viel, aber da sind vielleicht Einschränkungen. Das war ganz normal. Das geht uns verloren, weil es viel weniger Gespräche und richtig intensiven Kontakt zwischen den Generationen gibt. Diese Begegnungmöglichkeiten müssen wir fördern, auch und gerade in der Kirche.
Anita Christians-Albrecht ist Pastorin und Beauftragte für Altenseelsorge am Zentrum für Seelsorge und Beratung, Hannover der Evangelisch-lutherischen Landeskirche Hannovers. Sie war Gemeindepastorin in den Kirchenkreisen Celle und Burgdorf und arbeitet nebenberuflich als Redakteurin für die evangelische Radiokirche (plattdeutsche Radioandachten).