› Die Sängerin Daniela Predescu ist das Herz der Chormusik in der Region
BASSUM/HARPSTEDT › Wer weiß, hätte Daniela Predescu nicht in einem Alter, in dem ihr noch alle Türen offenstanden, die berührende Geschichte der Kurtisane Violetta gehört, von Giuseppe Verdi so emotionsgeladen vertont, wäre ihr Leben ganz anders verlaufen. Diesem einschneidenden Erlebnis ist es jedenfalls zu verdanken, dass sie heute gleichsam die Seele der Chormusik in der Region ist. Für die Rubrik „Kopf der Woche“ berichtet sie von ihrem Werdegang.
Daniela Predescu kam im März 1961 in Bukarest zur Welt. Ihre Kindheit in Rumänien war geprägt von familiärem Zusammenhalt und Idylle: „Wir lebten in einem schönen, großen Haus gemeinsam mit den Großeltern“, schildert sie. Ihre Mutter war Ärztin, ihr Vater Ingenieur, und die Eltern förderten ihr einziges Kind nach Kräften. Mit vier Jahren durfte sie Klavierspielen lernen: „Ich wollte das unbedingt“, erinnert sie sich. Als sie etwas älter war, sang sie auch im Unicef-Kinderchor und wurde inspiriert von Konzert- und Theaterbesuchen. Mit dem Chor unternahm sie auch viele Reisen, jedes Jahr waren die jungen Sängerinnen und Sänger für eine Gala-Vorstellung ins Ausland eingeladen.
Eigentlich sollte sie Mathematikerin werden
Die berufliche Zukunft der jungen Daniela stellten sich die Eltern und sie aber jenseits der Bühne vor. Nach dem Besuch des Mathematik-Gymnasiums sollte sie eigentlich Mathematik studieren. Doch ein Opernbesuch änderte alles: „Als ich grade 17 Jahre alt war, ich ging in die zehnte Klasse, sah und hörte ich in Bukarest erstmals Verdis Oper ‚La Traviata‘. Ich war so ergriffen, habe während der Vorstellung fast die ganze Zeit geweint und die Arien, die im Programmheft abgedruckt waren, zu Hause gespielt und gesungen. Jeder Ton war für mich voller Emotionen. Fortan wollte ich Sängerin werden“, blickt sie zurück. Die Eltern waren erst dagegen, aber sie ließ nicht locker. Schließlich wandte ihre Mutter sich an eine Opernsängerin, die Daniela anhörte und ihre Stimme für eine Ausbildung geeignet fand. Also nahm sie Gesangsunterricht, sollte aber weiter auf das Mathematik-Gymnasium gehen. „Ich wollte aber unbedingt auf das Musikgymnasium wechseln und setzte durch, dass ich die Aufnahmeprüfung machen durfte. Die bestand ich mit der Note 1, und zwei Jahre später habe ich dort mein Abitur gemacht.
Während dieser Zeit fand ich die beste Gesangslehrerin, die ich je hatte – sie war schon 86 Jahre alt, hatte an der Mailänder Scala und an der Staatsoper Wien gesungen und ihre Stimme verloren, als sie an der Spanischen Grippe erkrankte. Sie hat mir so viel beigebracht“, gibt die Gesangsdozentin Einblick. Nach dem Abitur ging sie auf die Musikhochschule in Bukarest. Daniela Predescu konnte sich dort ihrer Gesangsausbildung widmen und fand auch ihr privates Glück, sie heiratete einen Kommilitonen. „Man sagte mir nach einiger Zeit, ich solle meine Ausbildung auf der Musikhochschule in Klausenburg fortsetzen, dort unterrichte ein Lehrer, der gut für meine Technik wäre. Für das ganze Land gab es dort pro Singstimme – Sopran, Alt, Tenor, Bass – nur drei Plätze, und ich wurde genommen – mein Mann, ein Flötist, zum Glück auch“, teilt sie mit.
Der Traum war ein Engagement in Leipzig
Als beide ihre Ausbildung beendet hatten, galt es, eine Anstellung zu finden. Die Sängerin erzählt: „Unser Traum war, nach Leipzig zu gehen. Während unserer Ausbildung kamen Gaststudenten aus der ehemaligen DDR über eine Agentur zu uns, die auch rumänische Künstler in die DDR holte. In unserem System wurde man an eine Stelle beordert, es ging nach Noten. Mein Mann und ich hatten zum Glück beide mit einer 1 abgeschlossen.
Wir bewarben uns am Opernhaus in Leipzig und bekamen zwar beide eine Stelle, durften aber nicht ausreisen und sie antreten. Stattdessen erhielten wir ein Engagement am Opernhaus in der Stadt Iasi in Moldawien.“ Der Traum blieb aber bestehen.