Fast 30 Jahre lang war sie die gute Seele der evangelisch-lutherischen Kirchengemeinde Harpstedt: Jetzt wurde Küsterin Valentina Schmidt in den Ruhestand verabschiedet.
Harpstedt Emotional war der jüngste Sonntag in der Christuskirche in
Harpstedt: Küsterin Valentina Schmidt wurde während des Baustellengottesdienstes in den Ruhestand verabschiedet. Mehr als 29 Jahre lang, seit dem 1. Juli 1993, war die 64-Jährige die gute Seele der evangelisch-lutherischen Kirchengemeinde – vor allem hinter den Kulissen.
Sie erinnert sich noch gut an die Anfänge. 1991 war sie, deren Vorfahren einst aus Hessen ausgewandert waren, aus Kasachstan mit ihrer Familie nach Deutschland gezogen. Dass sie dabei im Flecken gelandet sind, erwies sich als glückliche Fügung: „Harpstedt hat uns sehr herzlich aufgenommen.“
Nicht nur, dass die Familie viele Spenden erhalten hat, durch die Unterstützung Henry Eiskamps, der damals im Kirchenvorstand war, hat Valentina Schmidt auch die Anstellung als Küsterin bekommen. In Kasachstan hatte sie eine Ausbildung zur Fernmeldetechnikerin gemacht und 16 Jahre lang bei der Post gearbeitet. Als sie in Harpstedt ankam, habe sie beim Spazierengehen zu ihrem Mann gesagt: „Ich möchte in dieses Haus ziehen – und in dieser Kirche arbeiten.“ Beide Wünsche haben sich erfüllt.
Ihre Aufgaben für die Kirchengemeinde waren vielfältig: alles für die Gottesdienste vorbereiten, für Gruppen wie den Frauenkreis, Stühle bereitstellen, die Kirche zu besonderen Anlässen schmücken – „meine älteste Tochter ist Floristin, ich habe viel von ihr gelernt“. Aber auch die Hausmeisterei gehörte zu der Vollzeitstelle: den Kirchenvorplatz in Ordnung halten, Rasen mähen, Schnee schaufeln, das Laub beseitigen. Dabei habe ihr Mann ihr ehrenamtlich viel unter die Arme gegriffen, zeigt sich Schmidt dankbar.
Glaube hilft
Vieles sei über die Jahre einfacher geworden. So musste die Turmuhr früher per Hand einmal pro Woche aufgezogen, die Glocken manuell zu bestimmten Zeiten geläutet und die Heizungen rechtzeitig angestellt werden – heute erleichtert dies moderne Technik. Dennoch brachte der Job es mit sich, dass sie jedes Wochenende gearbeitet hat. Für Valentina Schmidt nur machbar, weil sie gläubig ist: „Wenn du den Glauben nicht hast, ist dir das fremd“, ist sie überzeugt. Außerdem habe ihre Familie, neben ihrem Mann und ihrem Vater auch die beiden mittlerweile erwachsenen Töchter, sie immer toll unterstützt.
Nicht nur die Technik hat sich verändert, auch Pastoren sah Valentina Schmidt kommen und gehen. „21 Jahre lang habe ich mit Pastor Werner Richter gearbeitet“, erinnert sie sich gern an die gute Zusammenarbeit mit dem inzwischen verstorbenen Pastor zurück, der fast 38 Jahre lang in der evangelisch-lutherischen Kirchengemeinde Harpstedt tätig war.
Vorfreude auf freie Zeit
Auch wenn ihr die Arbeit Spaß gemacht habe, werde es nun Zeit für den Ruhestand. Vor allem freut sie sich auf freie Wochenenden und Weihnachten sowie Ostern, die sie mit der Familie verbringen kann, ohne arbeiten zu müssen. Auch im Chor möchte sie wieder singen.
Dennoch empfindet sie große Dankbarkeit für die vergangenen Jahre, die im Abschieds-Gottesdienst spürbar wurde. Was sie besonders vermissen wird? „Die Gemeinde“, ist sich Valentina Schmidt sicher. „Die Gespräche, die Leute zum Gottesdienst zu begrüßen. Ein kurzes Wörtchen auszutauschen.“ Sie wird der Kirchengemeinde zwar erhalten bleiben – aber eben nur noch als Mitglied.
QUELLE: NWZ ONLINE v. 21.09.2022