Harpstedt – Der bevorstehende Umbau des Ersten Pfarrhauses zu einem modernen Gemeindezentrum bedeutet für die evangelisch-lutherische Christusgemeinde Harpstedt, einen investiven Eigenanteil in Höhe von rund 200.000 Euro aufbringen zu müssen. Danach herrscht Ebbe in der Kasse. Vor diesem Hintergrund könnte der Freundes- und Förderverein, der zum zweiten Mal „genullt“ hat, an Bedeutung hinzugewinnen. Dieter Claußen, Vorsitzender der ersten Stunde, schließt das zumindest nicht aus.
Vielleicht gelinge es ja, künftig wieder in etwas stärkerem Maße die gemeindliche Arbeit zu unterstützen, insbesondere die Jugendarbeit und die Kirchenmusik, sagt er. Diese beiden Bereiche haben sich als Förderschwerpunkte herauskristallisiert. Den Umbau des Ersten Pfarrhauses selbst wird der Verein nach den Worten seines Vorsitzenden nicht fördern: „Dafür haben wir zu wenig Geld.“
Ziel deutlich übererfüllt
Als Mittelbeschaffer machte der am 3. Januar 2002 ins Vereinsregister eingetragene und seit dem 13. Dezember 2001 als gemeinnützig anerkannte Förderverein gerade in seiner frühen Phase von sich reden. Damals schickte sich die evangelische Gemeinde Harpstedt an, ein millionenschweres Mammutprojekt zu wuppen: die Restaurierung der Harpstedter Christuskirche. Das ambitionierte Vorhaben erforderte es unter anderem auch, das Gotteshaus in Dünsen an die dortige politische Gemeinde zu veräußern. Der Freundes- und Förderverein stand vor der Herausforderung, für die Sanierung und teilweise Erneuerung der 23 Christuskirchenfenster 150.000 Euro „zusammenzukratzen“. Das gelang nicht nur, sondern das Ziel wurde sogar deutlich übererfüllt: Am Ende kamen etwa 220.000 Euro zusammen – inklusive einer Bonifizierung seitens der evangelischen Landeskirche Hannovers in Höhe von 35.000 Euro.
Der Erfolg hatte ausgesprochen viele Väter. Großspender gehörten ebenso dazu wie geldgebende Mitgliedskommunen der Samtgemeinde (ohne Colnrade als Teil einer anderen Kirchengemeinde), außerdem teils sehr prominente Künstler, die von 2002 bis 2005 in insgesamt 25 Benefizkonzerten auftraten, oder auch die Weinstandgruppe des Fördervereins, die im Rahmen all dieser Musikveranstaltungen Christuskirchenwein verkaufte.
An „Fundraising-Fantasie“ mangelte es in jener Zeit vor allem dem damaligen Harpstedter Pastor Gunnar Schulz-Achelis nicht. Kirchendachziegeln und Kerzenständer wurden zu Geld gemacht. Die „Kirchenuhr“ ging als Merchandising-Artikel an den Start; das erste Exemplar erhielt im November 2002 Ivan Rebroff, der ein besonders gut besuchtes, stimmungsvolles Benefizkonzert im Harpstedter Gotteshaus am Marktplatz gab.
Für die Kirchenmusik und die Jugendarbeit haben wir über die 20 Jahre hinweg viel Geld bereitgestellt.
Pfingsten 2006, gut drei Jahre nach der Würdigung des 250-jährigen Bestehens der Christuskirche mit Landesbischöfin Dr. Margot Käßmann, war das „Renovierungspaket“ abgearbeitet.
Die Kirchenförderer machten gleichwohl weiter. Die Weinstandgruppe mit ihrem konzertbegleitenden Getränkeverkauf gilt heute als tragende Säule des Vereins. Jahrelang oblag Mareile Diekmann die Leitung und danach Monika Andres, ehe Rainer Windhusen das redensartliche Ruder übernahm. Auch die kirchliche Baugruppe ist unter dem Vereinsdach angesiedelt.
Von Christusgarten bis Steinway-Flügel
Bis heute hat der Förderverein – über die Kirchenfenstersanierung hinaus – etliche weitere Projekte unterstützt. Fördergeld floss in Turmplatz, Christusgarten, Steinway-Flügel, Kanzelaltar, Läutcomputer, Musikanlage, Deckenstrahler und Kirchtresen, um nur einige Beispiele zu nennen. Dieter Claußen streift auch die Ausleuchtung der Kirche mit Unterstützung von Avacon und Flecken Harpstedt auf Grundlage eines Sponsorenvertrags.
„Für die Kirchenmusik und die Jugendarbeit haben wir über die 20 Jahre hinweg viel Geld bereitgestellt“, resümiert der 78-Jährige.
Den Generationenwechsel im Vorstand sehnt er nicht herbei, denn noch macht ihm die Arbeit an der Seite von Claudia Wessel (zweite Vorsitzende), Hinerk Halling (Schriftführer), Sebastian Meier (Kassenwart) sowie der Beisitzer Friedrich Free (Leiter der Baugruppe), Rainer Windhusen (Leiter der Weinstandgruppe), Elke Thier und Pastor Gunnar Bösemann (beide Kirchenvorstand) viel Spaß.
Die Gründungsversammlung des Vereins mit 51 Personen, die sofort beitraten, datiert übrigens vom 29. Oktober 2001, liegt also 21 Jahre zurück (coronabedingt fiel die Würdigung des 20. „Geburtstages“ aus). Knapp ein Jahr später war die Mitgliederzahl bereits dreistellig.
QUELLE : Kreiszeitung Online 18.10.2022