Auf den Spuren Jesu
Acht Stationen zählt der Christusgarten in Harpstedt. Pflanzen und Gegenstände verweisen auf die Bibel und das Leben Jesu. Startpunkt ist vor dem neuen Pfarrhaus der evangelischen Gemeinde.
Vor dem neuen Pfarrhaus der evangelischen Gemeinde in Harpstedt liegt ein kleiner Garten mit einem Apfelbäumchen und einem Rosenstrauch. So etwas haben viele kleine Vorgärten. Dennoch ist der Garten vor dem Backsteinhaus an der Kirchstraße etwas Besonderes: Er bildet die ersten beiden von acht Stationen des Christusgartens Harpstedt.
Wer sich den Eingang zu dem Garten genauer ansieht, erkennt, dass die Mauer an ein aufgeschlagenes Buch erinnert – die Bibel. In der Mitte des Weges ist ein weißes Sternenmosaik in den Boden eingelassen. „Das ist der Stern von Bethlehem“, erklärt Angela Willms, die seit 2020 die Führungen durch den Christusgarten und auch durch die Kirche anbietet. „Er verbindet das Alte und das Neue Testament“, sagt sie. So steht die linke Hälfte des Gartens für das Alte Testament. Beide Hälften lassen darüber hinaus das gleiche Symbol im Boden erkennen: einen Fisch. „Auf der Seite des Alten Testaments soll er an den Wal erinnern, der Jona verschlungen hat“, sagt Willms. „Auf der Seite des Neuen Testaments steht er für Jesus Christus selbst“, ergänzt sie. Der Apfelbaum soll an den Sündenfall erinnern.
Auch ein Diptam wächst hier: „Der brennende Dornenbusch war ein Diptam, vermutet man heute“, erklärt Angela Willms. Und die Gästeführerin fügt hinzu: „Er enthält ätherische Öle, die sich bei großer Hitze selbst entzünden können.“ Außerdem wachsen auf dieser Seite noch Malven, Wermut und Ginster – alles Pflanzen, die in der Bibel erwähnt werden. Um das zu verdeutlichen, ist der Name dieser Pflanzen auf den Schildern kursiv geschrieben. Pflanzen, deren Name gerade geschrieben ist, passen hingegen vom Namen oder Thema her oder werden im Evangelischen Gesangbuch genannt.
Die Station zwei, also die rechte Hälfte des Vorgartens, steht für das Neue Testament. Hier wächst unter anderem ein Feigenbaum. In einem seiner Gleichnisse vergleicht Jesus den knospenden Feigenbaum mit der Nähe des Gottesreiches.
Jetzt im Winter wirken diese Pflanzen natürlich eher trist. Dennoch lohne sich ein Besuch des Christusgartens, meint Willms: „An den Stationen stehen auch Texte, zu denen man meditieren kann.“ Außerdem gehören zum Christusgarten nicht nur Pflanzen, sondern auch Gegenstände, die auf die Bibel und das Leben Jesu verweisen. Da ist zum einen ein Körbchen in Station eins. „Es steht für Moses, der ja nach seiner Geburt in einem Körbchen ausgesetzt wurde“, sagt die Führerin. Und wer all das gesehen und erfühlt hat, kann ja im Frühling oder Sommer wiederkehren, um sich zusätzlich noch an der Blütenpracht zu erfreuen. Der Garten spreche dann alle fünf Sinne an.
Die Stationen eins und zwei sind die beiden einzigen Stationen des Christusgartens außerhalb des eigentlichen Kirchengeländes. Am Haupteingang geht es weiter, die Strecke führt am Kirchturm vorbei und über den Marktplatz durch das Tor.
Auf dem Weg dorthin erzählt Willms, dass der Christusgarten 2010 entstand. Das Harpstedter Kirchenvorstandsmitglied Klaus Corleis kannte solche Christusgärten aus dem Thedinghauser Ortsteil Horstedt und schlug vor, so einen Garten auch in Harpstedt einzurichten. Der Huder Architekt Hermann Dunkler-Gronwald hatte den Garten in Horstedt entworfen und so übernahm er diese Aufgabe auch für Harpstedt.
Die Station drei rechts hinter dem Eingang zum Kirchengelände steht für Heilungen. „Hier wachsen Heilpflanzen: Lavendel, Thymian, Weinraute, Salbei“, erzählt Willms. Der Rosmarin sieht trotz der niedrigen Temperaturen verführerisch aus. Ob man da wohl mal naschen kann? „Ja klar. Die Pflanzen werden nicht gespritzt und wenn sich jemand ein Zweiglein abknipst, wird niemand etwas dagegen haben“, meint sie. Neben Sehen, Hören (der inneren Stimme und dem Gezwitscher der Vögel), Riechen und Fühlen ist also auch Schmecken durchaus erlaubt.
Die vierte Station erinnert an die Wunder Jesu. Wie schon in der vorherigen Station wachsen die Pflanzen auf einem Hochbeet, das an eine aufgeschlagene Bibel erinnert. Getreidesorten wie Hartweizen erinnern an die sogenannte Speisung der 5000, als Jesus 5000 Menschen sättigte, obwohl er nur fünf Brote und zwei Fische zusammenbekommen konnte.
Und dann ist da noch ein Garten im Garten: der Garten Gethsemane. Dort soll Jesus am Tag vor seiner Hinrichtung gebetet haben und seine Jünger gebeten haben, wach zu bleiben. Doch sie schliefen ein. Findlinge mit entsprechenden Symbolen stehen für Jesus und seine zwölf Jünger. Jesus soll bei einem Ölbaum gebetet haben. „Der ist uns allerdings eingegangen“, sagt Angela Willms mit Blick auf eine kleine Mulde neben dem Stein.
Vor dem Jesus-Stein sind weitere Findlinge aufgestellt. Der Stein mit dem Andreaskreuz steht für den Apostel Andreas, der mit dem Schlüssel für Petrus und der mit der Muschel für Jakob. Doch es sind nur elf Steine. Judas Ischariot fehlt. Man muss ein bisschen suchen, um den entsprechenden Findling zu finden. Spätestens bei dem Symbol auf diesem Stein fällt einem wieder ein, warum Judas sich versteckt haben könnte. Er hatte Jesus für 30 Silberstücke verraten. Auf seinem Stein ist ein Geldbeutel zu sehen.
Quelle: Weser Kurier 27.01.2021