Neue Aufgaben und ein Hauch von alter Heimat
Harpstedt – Die Harpstedter Christuskirche als große Gemeinschaftsaufgabe renoviert und obendrein als Kulturstätte etabliert, Förderverein und Kirchenstiftung gegründet, Christusgarten angelegt, Friedhof neu gestaltet: Als Pastor Gunnar Schulz-Achelis 2014 zur Landeskirche nach Hannover wechselte, hatte sich die evangelisch-lutherische Gemeinde zu einem imponierend gut funktionierenden Gemeinwesen mit großer Strahlkraft gemausert. Und das hing sicher nicht zuletzt mit dem 14-jährigen Wirken des Geistlichen und Journalisten als Motivator, Motor und Mittelbeschaffer in Harpstedt zusammen. Was der heute 56-Jährige mittlerweile beruflich macht, verrät er im Interview.
Frage: Nehmen Sie, Herr Schulz-Achelis, noch immer Aufgaben im „Haus kirchlicher Dienste“ der Landeskirche in Hannover wahr?
Schulz-Achelis: Nein, nicht mehr. Man muss dazu wissen: Die Stellen im „Haus kirchlicher Dienste“ sind befristet – zumeist auf sechs bis acht Jahre. Mir bot sich die Chance zu wechseln, ohne umziehen zu müssen. Den Wechsel habe ich dann auch vollzogen. Seit dem 1. Oktober bin ich Pressesprecher der Diakonischen Altenhilfe Leine-Mittelweser.
Frage: Ein Aufstieg auf der Karriereleiter?
Schulz-Achelis: Gehaltsmäßig nicht – wie im Übrigen bereits beim Wechsel nach Hannover, wenn man die höheren Mieten hier berücksichtigt. Es ist aber auch kein Abstieg. Zusätzlich zu den Pressesprecher-Aufgaben bin ich auf einer befristeten Viertelstelle nun – wie in Harpstedt – wieder Gemeindepastor. Und zwar in Kolenfeld südlich von Wunstorf. Kennt man aus den Verkehrsnachrichten.
Frage: Wo leben Sie mit Ihrer Familie in Hannover?
Schulz-Achelis: Im Süden der Stadt bewohnen wir schon seit 2016 ein kleines Reihenmittelhaus und fühlen uns dort wirklich sehr wohl.
Frage: Was machen die beiden Töchter? Treten sie in väterliche Fußstapfen?
Schulz-Achelis: Bei Lisa ist das sozusagen eine gute Mischung zwischen Mama und Papa. Wie ihre Mutter, meine Frau Christa, wird sie Sozialarbeiterin. Im Moment studiert sie an der Evangelischen Hochschule Ludwigsburg. Anna, unsere zweite Tochter, macht gerade das Abitur.
Frage: Zurück zu Ihrer neuen Pfarrgemeinde: Gibt es Parallelen zu Harpstedt?
Schulz-Achelis: Ja, durchaus. Die Gemeinde hat ebenfalls eine Barockkirche mit einem Kanzelaltar von Ziesenis. Und es gibt sogar auch eine Boule-Bahn vorm Gotteshaus. Eine alte Pfarrscheune ist zum Gemeindehaus umgebaut worden – mit Fachwerk – und ähnelt dem Alten Pfarrhaus in Harpstedt. Eine weitere Parallele: Viele Leute bringen sich ehrenamtlich ein. Die Gemeinde ist aber mit rund 1 600 Seelen kleiner. Auf meiner Viertelstelle übernehme ich Vertretungsaufgaben für die Haupt-Ortspastorin. Dazu gehören Taufen, Trauungen, Beerdigungen und Gottesdienste. Ein großes – von mir mit angezetteltes – Projekt ist ein gemeinsamer Gemeindebrief für vier Gemeinden in der Region. Das ist ein bisschen ungewöhnlich, zumal die involvierten Dörfer ein hohes Maß an Selbstbewusstsein und Eigenständigkeit haben. Aber die Pfarrstellen werden nun mal weniger. Daher gehen die Bemühungen dahin, zu bündeln und sich gemeinsam als Region aufzustellen. In den Kirchenvorständen ist über das Gemeindebrief-Projekt schon abgestimmt worden. Mit dem Ergebnis, dass vier von sechs Gemeinden mitmachen. Ich gehöre jetzt der ins Leben gerufenen Projektgruppe an. Die wird bis zum Sommer einen Vorschlag entwickeln für ein gemeinsames Layout, Format und alle weiteren Dinge, die eben bei einem solchen Vorhaben eine Rolle spielen.
Frage: Werden Sie als Leiter des Redaktionskreises fungieren?
Schulz-Achelis: Ja, das kann man so sagen, glaube ich. Und zwar zusammen mit einem Ehrenamtlichen, der den Gemeindebrief sozusagen als „Umbruchredakteur“ hübsch macht. Die erwähnte Projektgruppe werde ich auch leiten.
Frage: Anders als bei Ihrem Pfarrstellen-Antritt in Harpstedt muss die Kirche in Kolenfeld vermutlich nicht renoviert werden. Oder etwa doch?
Schulz-Achelis: Nein, sie ist Gott sei Dank gerade renoviert. Allerdings gibt es in einem dritten Bauabschnitt noch etwas zu tun: Der Glockenstuhl ist ein bisschen morsch und daher erneuerungsbedürftig. Im Mauerwerk sind zudem verfaulte Balken auszutauschen. Die Herausforderung ist ja immer, die nötigen Mittel zu generieren. Wir werden jetzt verschiedene Anträge an potenzielle Geldgeber auf den Weg bringen.
Frage: Das Gotteshaus in Kolenfeld sagt Ihnen zu?
Schulz-Achelis: Ja, sehr. Es ist übrigens von der Kirchenbaustiftung im vorletzten Jahr als Kirche des Monats ausgelobt und dann auch gekürt worden. Zur Kirche des Jahres hat’s leider nicht gereicht.
Frage: Wie sieht die alltägliche Pressearbeit in der Diakonischen Altenhilfe aus?
Schulz-Achelis: Ich schreibe Artikel. Und die werden jetzt auch wieder vermehrt abgenommen. Auf Landesebene, im „Haus kirchlicher Dienste“, war es schon schwieriger, meine Berichte loszuwerden. Jetzt bediene ich wieder – wie während meiner Zeit in Harpstedt – Kollegen in Lokalredaktionen, übrigens auch die Sulinger Kreiszeitung. Die Diakonische Altenhilfe ist, wenn man so will, ein diakonisches Start-up-Unternehmen, das es seit 2013 als Verbund gibt. Dazu gehört unter anderem Sulingen. Der Hauptsitz befindet sich aber in Wunstorf. Dort ist auch mein Büro. Normalerweise, wenn kein Lockdown ist, fahre ich mit der Bahn zum Wunstorfer Bahnhof und weiter mit dem Fahrrad zur Arbeit.
Frage: Momentan sitzen Sie aber vermutlich zumeist im Homeoffice?
Schulz-Achelis: Ja, vorwiegend.
Frage: Die Pandemie lässt Kirchengemeinden neue Wege gehen. In Harpstedt haben sich Gottesdienste als Livestreams etabliert. Wie sieht es in Kolenfeld aus?
Schulz-Achelis: So weit sind wir leider noch nicht. Darüber gab es kürzlich im Kirchenvorstand eine größere Debatte. Uns fehlen ein bisschen die Technik und auch die Leute mit dem nötigen Know-how vor Ort. Wir haben die Gottesdienste im Februar ausgesetzt und beginnen nun wieder damit. In der Zeit der „Pause“ haben wir Predigt-Kurzfassungen als Flyer zum Mitnehmen in einem Kasten deponiert – als „Predigt to go“. Zudem gab es auf meine Anregung hin eine Telefonaktion: Über 60 ältere Mitglieder der Gemeinde haben wir vom Kirchenvorstand einfach mal angerufen. Für mich war das eine gute Gelegenheit, verschiedene Leute kennenzulernen, die ich noch nie gesehen hatte.
Frage: Gingen die Gespräche über Smalltalk hinaus?
Schulz-Achelis: Unterschiedlich. Sie konnten auch schon mal seelsorgerischen Charakter haben.
Frage: Ihre Festrede von 2018 beim (Kirchen-)Stiftungsmahl in Klein Ippener ist vermutlich der letzte Anlass für einen Aufenthalt an früherer Wirkungsstätte gewesen. Reißt der Draht so langsam ab, was ja nach so langer Zeit verständlich wäre?
Schulz-Achelis: Tatsächlich war ich 2018 zum letzten Mal in Harpstedt – anlässlich des Stiftungsmahls. Mit einigen Leuten in der früheren Heimat pflegen meine Familie und ich gleichwohl weiterhin Kontakt.
Quelle: Kreiszeitung Online 05.03.2021