Starpianist gastiert in Harpstedt
Harpstedt – Eine große deutsche Tageszeitung hat ihn mal „Deutschlands einzigen Klassik-Zampano“ genannt. Dieses etwas flapsige Attribut war keineswegs abfällig gemeint; daraus sprach vielmehr Ehrerbietung für Justus Frantz. Der Begründer des Schleswig-Holstein Musikfestivals hat auch schon in Harpstedt seine Virtuosität am Flügel bewiesen. Am Sonntag, 28. November, 17 Uhr, gibt er ein weiteres Konzert in der Christuskirche. Mit Werken von Wolfgang Amadeus Mozart und Johannes Brahms will er auf den Advent einstimmen.
Vor rund einem Jahr hatte Frantz Freunde klassischer Musik in Harpstedt auf eine Reise in Ludwig van Beethovens Klangwelt mitnehmen wollen. Die beiden für den 8. November 2020 geplanten Konzerte in der Christuskirche mit identischem Programm wären für ihn die ersten Auftritte nach langer coronabedingter Zwangspause gewesen. Sie mussten dann aber zum allgemeinen Bedauern ausfallen – wegen einer weiteren Covid-19-Infektionswelle, die einen zweiten Lockdown mit strengen Kontaktbeschränkungen nach sich zog.
Die Christusgemeinde hofft, dass es diesmal klappt mit dem Gastspiel des international renommierten Künstlers. Sie verspricht ein „klassisches Konzert für Geist und Seele“. Zuletzt beehrte Justus Frantz die Harpstedter Christuskirche am 27. Januar 2016 – damals als Stargast in einem Benefizkonzert mit dem Desaga Solisten Chamber Orchestra zugunsten der Flüchtlingsarbeit der Sozialverbände in der Region. Als Dirigent gab Dieter Holzapfel, Präsident des DRK-Landesverbands Oldenburg, den Takt vor.
Völlige Hingabe zur Musik
Seit mehr als 30 Jahren steht Justus Frantz für völlige Hingabe zur Musik. Er hat eine bemerkenwerte Karriere als Pianist und Dirigent hingelegt. Schon seit seinem zehnten Lebensjahr spielt der Sohn eines Breslauer Oberstaatsanwalts Klavier.
1967 gewann er gemeinsam mit Claus Kanngießer den zweiten Preis beim internationalen Musikwettbewerb der ARD im Duo Violoncello und Klavier. Danach ging’s auf der Karriereleiter steil nach oben.
Von 1970 an drang Frantz in die internationale Spitzenklasse vor, zunächst unter der Leitung von Herbert von Karajan mit den Berliner Philharmonikern und dann mit den New Yorker Philharmonikern um Leonard Bernstein.
1986 initiierte er das Schleswig-Holstein Musikfestival. Bis 1994 fungierte er selbst als Intendant – immer bestrebt, die Klassik einem möglichst breiten Publikum zugänglich zu machen. Für das rasch international geschätzte Festival konnte Frantz Künstler der Spitzenklasse gewinnen, die in Schlössern, Scheunen oder Gutshäusern musizierten.
Ambitioniertes Projekt mit Schattenseite
Getreu Leonard Bernsteins Vision „Let’s make music as friends” gründete er 1995 im Interesse von Frieden und Völkerverständigung die Philharmonie der Nationen: Hochbegabte junge Menschen aus 40 Ländern und fünf Kontinenten brachten sich mit persönlicher Ausstrahlung, Kreativität und Begeisterungsfähigkeit ein – in dem Bestreben, humanistische Ideale mit Freude an der Musik zu verbinden und durch intensive Interpretationen ein möglichst hohes Maß an musikalischer Perfektion zu erreichen.
Dieses Kapitel im Leben des Justus Frantz offenbarte allerdings auch eine Schattenseite: Im Oktober 2018 musste die Philharmonie der Nationen Insolvenz anmelden. Frantz, zu diesem Zeitpunkt schon aus der Geschäftsführung ausgeschieden, sollte sein Vermögen offenlegen, weigerte sich aber. Ein unschönes juristisches Nachspiel und Negativschlagzeilen resultierten als Konsequenzen daraus. Reinhold Würth, langjähriger Orchester-Sponsor, soll sich bereit erklärt haben, offene Gagenforderungen zu begleichen. Gleichwohl beendete der deutsch-österreichische Unternehmer die Kooperation mit Justus Frantz. Sein eigenes Engagement als Mäzen galt nun den Würth Philharmonikern. Deren Mitglieder hatten vormals zum Teil der Philharmonie der Nationen angehört.
Mit Preisen überhäuft
Seine Verdienste um die Klassik spricht Justus Frantz indes niemand ab. Mit Ehrungen ist er geradezu überhäuft worden. In diesem Zusammenhang sind vor allem seine Berufung zum Sonderbotschafter des Hohen Flüchtlingskommissars der UNO und die Auszeichnung mit dem Großen Bundesverdienstkreuz zu nennen. 2005 erhielt er gemeinsam mit der Philharmonie der Nationen den Würth-Preis der Jeunesses Musicales Deutschland.