Gedenkkonzert für Heinz Bockhorst zeigte sein vielfältiges Wirken und die Breite der Harpstedter Musikszene
(Weser-Kurier v. 16.06.2015 -
Eines Mannes mit „großer Wirkungsgeschichte“, wie es Pastor Gunnar Bösemann formulierte, hat die evangelisch-lutherische Kirchengemeinde Harpstedt am Sonntag mit einem Konzert in der Christuskirche gedacht: Heinz Bockhorst (1929 – 2010) war von 1961 bis 1992 in Harpstedt als Kantor tätig.
Pastor Bösemann fasste den eindringlich gelungenen Konzertabend in seinem Schlusswort unter zwei Aspekten zusammen. Zum einen habe er besagte Wirkungsgeschichte widergespiegelt, habe auf seine Art noch einmal dargelegt, wie sehr Bockhorst Menschen für Musik begeistern konnte. Zum anderen habe er gezeigt, wie viele Begabungen man in dieser Gemeinde wahrnehmen könne und wie diese gemeinsamen Begabungen, wie die Musik auch ihre sozialen, ihre gemeinschaftsfördernden Wirkungen zeige.
Bösemanns Dank richtete sich an alle Helfer, an alle Mitwirkenden und schließlich an Steffen Akkermann, der die Idee zu diesem Konzert hatte, für die Gesamtleitung zuständig war und in seiner Moderation liebevoll an Leben und Schaffen Heinz Bockhorsts erinnerte. Begrüßen konnte der Pastor in der gut besuchten Kirche neben Bürgermeister Werner Richter auch Gerdi Bockhorst, die Witwe des Kantors, und ihre beiden Kinder Bettina und Matthias.
Zum Eingang hatte es mit dem Menuett aus der „Suite gothique“ von Léon Boëllmann eine Musik gegeben, die mit ihrem verspielt geistreich-temperamentvollen Ton auch das musikalische Denken und Fühlen Heinz Bockhorsts widerspiegelte; die Suite gehörte fest zu seinem Orgelrepertoire. Die aktuelle Organistin der Christuskirche, Hedwig Stahl, war dem Menuett eine zupackend-spielfreudige Interpretin.
Nach festlicher Orgelpracht ging es musikalisch weiter mit festlicher Blechbläsermusik, nämlich einem „Rigaudon“ von Jean-Baptiste Lully, tänzerisch bewegt musiziert vom Posaunenchor unter der Leitung von Klaus Corleis. Den Posaunenchor hatte Heinz Bockhorst über drei Jahrzehnte lang geleitet.
So wie er auch gemeinsam mit dem Flötisten Dorin Predescu konzertierte hatte, der nun, begleitet von Hedwig Stahl an der Orgel, auf ausdrücklichen Wunsch das berühmte „Air“ von Bach mit beredt ausgeformter Melodik spielte. Später zeigte sich Dorin Predescu mit „Where the Blue of the Night“ von Bing Crosby oder dem Broadway-Song „Wishing“ mit feinem musikalischen Sentiment als Könner des Leichten, des beschwingt Populären. Hedwig Stahl am Flügel assistierte ebenso mit leichter Hand.
Erfreuliche Leichtheit durfte man auch den Herren des klein besetzten, unter der Leitung von Bernd Gerke aber energisch-klangvoll singenden „MGV Liedertafel Harpstedt“ (die gibt es seit 1841) attestieren. „Wir singen die alten Lieder auch noch gerne“ hieß es in der musikalischen Einleitung etwas entschuldigend, aber das „Jenseits des Tales“ von Robert Götz („der Mann, der Heino berühmt gemacht hat“) oder anderes betont Männerchorisches waren kultiviert und sogar mit etwas Augenzwinkern gesungen.
Musiker der alten Sorte
Steffen Akkermann nannte Bockhorst einen Mann „mit Alleinstellungsanspruch“, der über Jahre „das musikalische Gesicht Harpstedts“ gewesen war. Der „Einzelkämpfer und Teamplayer“ spielte Orgel, Klavier, Geige und Bratsche, war fünf Jahre Bratschist im Philharmonischen Orchester Bremen, spielte Streichquartett, spielte in diversen Kurorchestern und immer wieder auch mal zum Tanz. Er war noch ein Musiker der alten Sorte, ohne Hochschulausbildung. Amtlich waren nur die am Bremer Konservatorium abgelegte Organisten C-Prüfung und der von der Landeskirche verliehene offizielle Titel des Kantors.
Mehr als 2000 Gottesdienste hat er musikalisch begleitet. Und unzählige Musiker bei Konzerten begleitet. So auch die Chorleiterin an der Christuskirche, Daniela Predescu, die in drei Liedern (Strauss, Schubert, Chopin) mit vokaler Zärtlichkeit und Leidenschaftlichkeit (Klavier: Hedwig Stahl) des ehemaligen Kantors gedachte.
Den „Gemischten Chor Harpstedt“ hatte Steffen Akkermann als junger Lehrer von Bockhorst übernommen. Der Chor sang mit machtvollem Klang den Enya-Song „Only time“, Harold Arlens berühmtes „Somewhere over the Rainbow“ im warm getönten Arrangement seines Dirigenten und aus Haydns „Die Schöpfung“ den Chor „Die Himmel erzählen“. Ein Instrumentalensemble (Streicher, Flöten, Akkordeon, Gitarre, Klavier) ergänzte farbig den Chorklang, und alle zeigten beim Haydn wackeres Durchhaltevermögen.
Der von Daniela Predescu geleitete Kirchenchor – dem ganz deutlich die Männerstimmen fehlen – gefiel mit lockerem, frischen Klang in einem hübsch gesetzten „Geh aus mein Herz“ und dem ansprechenden „Du bist mein Ziel“ von Thilo Schaller aus der Sparte der neuen geistlichen Lieder.
Alle Chöre und Instrumentalisten standen dann gemeinsam für das oben genannte umfassende Gemeinschaftsgefühl mit „Wohl mir, dass ich Jesum habe“ aus Bachs Kantate Nr. 147 und mit Beethovens erhebend pathetischem „Die Himmel rühmen des Ewigen Ehre“. Die virtuos rauschende „Toccata“ von Boëllmann zum Ausgang schloss den Kreis zum Anfang dieses Konzertes zum Gedenken einer Musikerpersönlichkeit.
Quelle Weser-Kurier Online v. 16.06.2015